…oder…auch Männer können Multitasking…gezwungenermaßen - ein Erfahrungsbericht

War ich bis vor kurzem noch hauptsächlich mit mir selbst beschäftigt, so musste ich mich – Corona sei Dank – in letzter Zeit mit ganz anderen Dingen auseinandersetzen: Distanz-, Wechsel- und Präsenzunterricht? MS Teams…oder doch mebis? FFP2-, OP- oder Stoffmaske? Ständiges Lüften bei Minusgraden, paralleles Streaming, Raummikrofone und Webcams, die Verwendung von Docking Stations mit unterschiedlichen Rechnern, Notebooks oder Tablets. Die Kommunikation mit den Schülern: Einer spricht, der andere schreibt, vom dritten kommt gar nichts. Die Selbsttests: heute freiwillig, morgen verpflichtend! Schülerfragen und Videoanrufe bis tief in die Nacht hinein! Noten machen im Distanzunterricht? Auf Prüfungen vorbereiten und durchführen! Verschnaufpausen? Verstehen mich die Schüler mit Maske genauso schlecht wie ich sie?
Dong! Keine Zeit mehr darüber nachzudenken, der Unterricht beginnt! Anwesenheitskontrolle im Wechselunterricht: Webuntis starten. Wer sollte anwesend sein, wer zuhause? Warum ist der Schüler nicht online? Internetprobleme? „Spinnt“ der Account schon wieder? Wartet er wieder auf den Einlass, obwohl die Zulassungsbeschränkung aufgehoben wurde?!? Oder doch „nur“ verpennt? Von „Können Sie mich hören? Ich höre nämlich gar nichts!“, über „Ich habe die Besprechung nicht gefunden“ bis hin zu „Herr Endres, sie laggen!“ (Ich habe mich informiert: das bedeutet so viel wie jemanden abgehackt hören) war alles dabei!

Wie bekomme ich das alles unter einen Hut, frage ich mich? Wie kann ich alle Schüler bestmöglich unterrichten? Ehrlich gesagt weiß ich es (noch) nicht! Ich versuche mich absolut lehreruntypisch an mein Pult vor den Monitor zu klammern und lächle zur Begrüßung in die Kamera, damit die Schüler zuhause wenigstens ein bisschen das Gefühl von Zuwendung erfahren. Ich versuche im Laufe des Unterrichts meine Fragen an beide Gruppen zu richten und die Antworten aus beiden Richtungen für alle hörbar zu machen, ohne ständig das Lehrerecho in Dauerschleife zu nutzen. Die FFP2-Masken machen dieses Vorhaben nicht unbedingt leichter. Zwischendurch nochmal ein kurzer E-Mail-Check: ab morgen verpflichtende Schüler-Selbsttests. Aha?!?

Zu meiner Freude gibt es aber auch immer wieder konstruktive Diskussionen von an- und abwesenden Schülern, und zu meiner absoluten Verblüffung schaffe ich es mittlerweile sogar - chamäleonartig - mit einem Auge die Schüler im Bildschirm und mit dem anderen diejenigen vor Ort im Blick zu behalten. Mal abwarten, wann meine Silhouette eins mit dem Grün der Tafel wird.

Ist die Stunde hoffentlich ohne größere Zwischen- oder Totalausfälle geschafft, die Besprechung beendet und sind die „Präsenzler“ im zugewiesenen Pausenbereich platziert, heißt es nun sie zu beaufsichtigen, damit sie sich nicht um das neuste Coronavideo scharen und den Mindestabstand unterschreiten. Gleichzeitig ist das Tablet im Klassenzimmer nebenan an die neuen Schaltzentralen (Docking Stations) anzuschließen, um die nächste Stunde vorzubereiten. Dies sollte eigentlich ganz einfach sein - theoretisch, praktisch trieb es einem aber doch die ein oder andere Zornesröte ins Gesicht, da immer irgendetwas, entweder die Webcam, das Mikro, der Beamer oder doch wieder das Internet nicht funktionierte! Hat man sein System endlich zum Laufen gebracht, klopft es kurz nach Beginn der neuen Stunde inmitten der bereits beschriebenen Anwesenheitskontrolle an der Tür. Zum Vorschein kommen die Kollegen, die in unserer Abteilung dankenswerterweise aushelfen, und kein Informatik-, sondern „nur“ ein Lehramtsstudium absolviert haben und mit der Technik auf Kriegsfuß stehen, mit der Bitte um Unterstützung… Auch das noch, denke ich mir und mache mich in Vorfreude, auf das was da noch kommt, auf den Weg…

So oder so ähnlich wird der Tagesablauf momentan bei vielen Lehrern aussehen…und kein Ende in Sicht!

Komischerweise hat mich der riesige Berg an Herausforderungen (noch) nicht zerquetscht. Stattdessen merkt man erstaunlicherweise, dass man doch irgendwie mit seinen Aufgaben wächst und sich täglich durch das Dickicht des undurchsichtigen Corona-Dschungels kämpft und immer mehr Licht ins Dunkel bringt, auch wenn gefühlt täglich neue Änderungen, Abfragen und Aufgaben sehr kurzfristig auf einen einprasseln…es bleibt spannend!

Thomas Endres, StR

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